CategoryNikon F Mount – Objektive

Beiträge zu Objektiven für Nikon Spiegelreflexkameras

Sigma 40mm 1,4 DG HSM Art

Wenn man sich jemals die Frage gestellt hat, wie das Ergebnis aussieht, wenn man Objektivdesigner von jeglichen Vorgaben hinsichtlich akzeptabler Größe und Gewicht für eine bestimmte Brennweite befreit, ist das Sigma 40mm 1,4 die passende Antwort.

Das verwunderlich große und schwere Objektiv wurde Ende 2018 auf den Markt gebracht. Der Straßenpreis lag zunächst bei ca. 1.300 € und sank über die Jahre auf 1.000€. Anfang 2022 verringerte sich der Preis auf 750 €, sehr wahrscheinlich als Vorbote des langsamen Endes der Spiegelreflexobjektive.

Gehäuse und Handling

13cm Lang, fast 9cm Durchmesser und satte 1,2kg auf der Waage – es besteht absolute Verwechslungsgefahr mit dem Sigma 135mm 1,8, welches auch noch 1,5cm kürzer und 70g leichter ist. Diese Abmessungen und das Gewicht muss man für ein 40mm Objektiv akzeptieren wollen.

Die Verarbeitung ist wie aus einem Guss, die Gegenlichtblende rastet mit einem Lockmechanismus ein, den man durch Druck auf einen Knopf in der Blende wieder entriegeln kann. Warum Sigma der Blende jedoch einen gummierten Abschnitt zum Objektivbajonett hin mitgegeben hat, erschließt sich mir nicht. Diese Gummierung ist ein echter Staubsammler. Lediglich ein AF/MF Umschalter befindet sich als Bedienelement an der linken Gehäuseseite.  

Blende mit Entriegelungsknopf und integriertem „Staubsammler“.

Der Autofokus arbeitet zügig und leise, ohne jedoch in beiden Disziplinen Rekorde aufzustellen. Im Gegensatz zu manch anderen lichtstarken Objektiven fällt auf, dass der Autofokus deutlich treffsicherer arbeitet. Während man sich beim Nikon 58mm 1,4 aufgrund der Aberrationen einen korrekt sitzenden Fokus schon fast erarbeiten muss, sitzt der Fokus beim Sigma 40mm 1,4 überwiegend korrekt.

Optische Leistung

Größe und Gewicht zahlen sich hinsichtlich der Abbildungsleistung aus. Extrem scharf bei Offenblende in der Bildmitte, immer noch exzellente Schärfe in den äußersten Ecken. Abblenden steigert die Bildqualität bis f/2,0 nur marginal, so gut ist sie bereits bei Offenblende. Hinsichtlich der Bildqualität macht es keinen Unterschied, welche Blende man wählt – beeindruckend. Dazu kaum Aberrationen, keine Bildfeldwölbung, minimalste Verzeichnung. Das perfekte „Normal“-Objektiv? Sicherlich ganz nah dran. Einzig die Vignettierung entspricht bei Offenblende dem, was man durchschnittlich von einem solch lichtstarken Objektiv erwarten würde, ist aber ab Blende 2,8 nicht mehr relevant. Die Farbastimmung ist vergleichbar mit den Nikon Pendants.

Selbstverständlich liefert das Sigma 40mm 1,4 auch beim Aspekt der Hintergrundunschärfe / Bokeh ein exzellentes Ergebnis ab. Das Bokeh ist angenehm weich ohne Kanteneffekte. Kennt man jedoch andere Objektive mit vergleichbaren Eigenschaften fällt auf, dass das Sigma 40mm 1,4 zwar ein hervorragendes Bokeh besitzt und die meisten Fotografen damit auch glücklich sein werden, die Konkurrenz es aber besser kann.

Im Vergleich zum Nikon 58mm 1,4 muss es sich meiner Meinung nach geschlagen geben, es kommt nicht an die cremig-weiche Darstellung des Nikkors heran. Im Prinzip sind Sigma 40mm 1,4 und Nikon 58mm 1,4 zwei Gegenpole: das Sigma glänzt mit schon fast brutaler Schärfe ab Offenblende, während das Nikon 58mm 1,4 deutlich weicher abbildet, diese Eigenschaft aber auch ins Bokeh transferiert.

Wenn ich bewusst traumhaft weiche Hintergründe zaubern möchte, geht mein Griff immer zum Nikon 58mm 1,4. Geht es hingegen um exzellente Schärfe und maximales Auflösungsvermögen bei gleichzeitig deutlicher Freistellung, kommt das Sigma in die Tasche.

Fazit

Fazit

Früher hieß es einmal bei Autos: Hubraum ist durch nichts zu ersetzen. Auf Objektive übertragen könnte man angesichts des Sigma 40mm 1,4 sagen: Glas ist durch nichts zu ersetzen. Allerdings kommt man nicht drumherum zuzugeben, dass die 1,2 kg in Kombination mit einem recht großen Gehäusedurchmesser etwas unangenehm zu handhaben sind.

Dennoch: sofern man mit dem etwas weiteren Bildwinkel leben kann (oder diesen sogar bevorzugt) und das Gewicht nicht scheut, ist das Sigma 40mm 1,4 das technisch beste Normalobjektiv, was man für unter 2000 Euro kaufen kann.

Nikon AF-S 24-70 2,8G IF-ED

Nikons erstes, professionelles Standardzoom mit einer Anfangsbrennweite von 24mm löste im Jahr 2007 den Vorgänger mit 28-70mm Zoombereich ab. Es wurde wiederum in 2015 vom Nachfolger mit elektronischer Blendensteuerung und VR abgelöst, in dieser ersten Version muss man noch ohne diese beiden Funktionen auskommen. Die Verfügbarkeit des AF-S 24-70mm 2,8G IF-ED zum Höhepunkt der digitalen Spiegelreflextechnik in den frühen 2010er Jahren führte zu hohen Stückzahlen. Fast eine Million dieser ca. 1500 € teuren Objektive wurde verkauft. Restbestände waren noch bis 2020 im Handel verfügbar

Gehäuse und Handling

Mit 900g Gewicht, einer Konstruktion mit viel Metall und einer auf den ersten Blick robusten Mechanik strahlt es die Solidität aus, die man von einem professionellen Objektiv erwarten würde. Dies stimmt jedoch nur mit Einschränkungen. Viele Nutzer waren vom so genannten „Zoom Grind“ Problem betroffen, bei dem der Zoomantrieb erst rau läuft und in der Folgezeit sich gänzlich festsetzt.

Aufgrund der hohen Anzahl der verkauften Objektive muss man die Anzahl der Berichte sicherlich etwas in die richtige Perspektive rücken. Es ist nicht jedes Objektiv betroffen und es gibt durchaus Wege diesem Problem in Teilen aus dem Weg zu gehen.

Ursächlich für einen feststeckenden Zoomantrieb sind drei Führungsrollen im vorderen Bereich des Objektivs. Diese Rollen bestehen außen aus einem Kunststoffring und im Kern aus Schrauben, die in die Objektivfassungen im Inneren der Konstruktion geschraubt sind. Die ummantelten Köpfe dieser Schrauben bewegen sich ihrerseits in Aussparungen des Linsentubus und sorgen dafür, dass dieser über den Zoombereich hinweg ein- und ausfährt.  Dieser Linsentubus ist bei 24mm am weitesten ausgefahren, zieht sich bis 50mm ins Gehäuse zurück und fährt ab dort bis 70mm wieder minimal aus. Es gibt zwei verschiedene Ursachen, warum diese Führungsrollen blockieren können. Entweder eine oder mehrere Schrauben haben sich durch Erschütterungen gelöst (Fertigungsfehler oder Materialermüdung) oder die Kunststoffrollen sind durch Druck auf den Tubus zerstört und blockieren in der Führung.

Letzteres kann auch durch häufiges, hartes abstellen des Objektivs auf der Frontlinse passieren, da die Gegenlichtblende in Transportstellung nicht über die Filterfassung herausragt und somit das Gewicht des Objektivs immer auf der inneren Mechanik lastet. Zumindest diesen Faktor kann man selber beeinflussen, in dem man das Objektiv immer vorsichtig abstellt, sofern man es mit der Frontlinse nach unten lagern möchte – was aufgrund des stabileren Standes ggü. des kleinen Rückdeckels wahrscheinlich ist.

Abgesehen von dieser doch recht bedauerlichen Schwachstelle ist das AF-S 24-70mm 2,8G hervorragen verarbeitet. Der AF-S Ringmotor arbeitet leise und blitzschnell, Zoom- und Fokusring laufen geschmeidig. Einziges Bedienelement ist der AM/M Schalter an der linken Seite. Der Filterdurchmesser entspricht mit 77mm dem klassischen Standard.

Optische Leistung

Die Bildschärfe ist bei allen Brennweiten in der Bildmitte bereits bei Offenblende hervorragend und auch in der Lage, 45 MP Sensoren zu bedienen. Die Schwachstelle des 24-70mm 2,8G sind die Randbereiche und Ecken. Insbesondere zwischen 24 und 35mm blende ich automatisch auf f/8 ab, um bei Landschaft oder Architektur die Schärfe der Bildränder vergleichbar zur Mitte zu halten. Ab 35mm aufwärts reicht durchgängig Blende 5,6 für eine gleichmäßige Schärfeverteilung.

Die Farben sind insgesamt etwas wärmer abgestimmt als beim Vorgänger und entsprechen der Designphilosophie der Nikon Objektive ab den 2000er Jahren. Damit einher gehen auch etwas flachere Kontraste im Vergleich zum 28-70mm 2,8.

Die zu erwartende Randabdunkelung/Vignettierung ist zwischen Blende 2,8 und 4,0 und den gesamten Brennweitenbereich hindurch deutlich sichtbar, ab f/5,6 jedoch nur noch minimal auffällig. Farbsäume/CA sind insbesondere im Weitwinkelbereich sichtbar, allerdings auch nicht stärker als bei anderen Objektiven aus dieser Zeit. Die Hintergrundunschärfe/Bokeh ist angenehm weich und ruhig.

Fazit

Das AF-S 24-70mm 2,8G IF-ED ist ein klassisches Profizoom, optimiert auf schnellen Autofokus und perfekte Schärfe in der Bildmitte. Das macht es nicht unbedingt zur ersten Wahl für Landschaftsfotografen. Der Nachfolger mit VR und elektronischer Blende bügelt die Unregelmäßigkeiten der Schärfeverteilung im Weitwinkelbereich aus.

Dennoch ist das erste 24-70mm 2,8 zu empfehlen und genügt auch professionellen Ansprüchen. Sofern man weiterhin mit Spiegelreflexkameras unterwegs ist, stellt es eine valide Alternative zum auch gebraucht deutlich teureren 24-70mm 2,8E VR dar. Man muss um die optischen und mechanischen Schwächen wissen und insbesondere hinsichtlich der letzteren den Kauf – z.B. durch Gebrauchtwarengarantie eines Händlers – gut absichern. 

Setzt man hingegen voll auf das spiegellose Z System, sollte man eher zu einem Z Objektiv greifen. Das viel kleinere Z 24-70mm 4,0S ist dem „alten“ 24-70mm 2,8 bei allen Blenden deutlich überlegen und leistet sich insbesondere and den Rändern und in den Ecken keinerlei Schwächen – bei günstigerem Gebrauchtpreis.

Tamron SP 35mm 1,4 Di USD

Zum 40 Jährigen Jubiläum der Tamron SP (Super Performance) Reihe erschien im Jahr 2019 das SP 35mm 1,4 Di USM. Es ist für Nikon F und Canon EF für ca. 730 € erhältlich.

Gehäuse und Handling

Wie bei allen, neueren SP Objektiven zeichnet sich das 35mm 1,4 durch eine tadellose Verarbeitung, einen Metalltubus und Innenfokussierung aus. Mit 805g und einem Filterdurchmesser von 72mm ist es kein Leichtgewicht. Die Blende wird elektronisch gesteuert, somit ist das Objektiv mit allen Kameras ab der Generation D3/D700/D300, sowie der Z Serie via FTZ Adapter kompatibel. An der linken Seite findet sich ein AF/MF Umschalter. Die Naheinstellgrenze liegt bei 0,3m. Der Autofokus arbeitet dank Ringmotor schnell, leise und präzise.

Optische Leistung

Die Bildschärfe bei Offenblende ist in der Bildmitte beeindruckend und fällt nur leicht zum Rand hin ab. Lediglich die äußersten Ecken schwächeln bei Blende 1,4 etwas – allerdings auf einem hohen Niveau. Das Tamron kann hinsichtlich der Schärfe bedenkenlos bei Offenblende eingesetzt werden. Die Ränder und Ecken gewinnen bis Blende 2,8 weiter an Zeichnung und erreichen dann eine exzellente Abbildungsleistung, weiteres Abblenden vergrößert nur noch die Tiefenschärfe.

Eine Bildfeldwölbung ist nicht auszumachen. Wie bei Objektiven hoher Lichtstärke üblich, vignettiert es bei Offenblende recht deutlich. Bei Blende 2,8 fällt die Randabdunkelung deutlich geringer aus und bei Blende 4 ist sie nicht mehr sichtbar. Farbsäume / CA sind erfreulicherweise kein Thema, das Objektiv ist ausgezeichnet korrigiert.

Starke Farben und intensive Kontraste zeichnen das Tamron 35mm 1,4 aus, aber das eigentliche Highlight ist die weiche, cremige Hintergrundunschärfe. Das Tamron SP 35mm 1,4 Di USD spielt dabei in einer Liga mit den besten Festbrennweiten, wenn es um weiches, gefälliges Bokeh geht. In den Unschärfebereichen sind keine konstruktionbedingten Strukturen wie z.B. Blendenstrukturen erkennbar.

Fazit

Exzellente Schärfe bereits bei Offenblende und cremig weiches Bokeh  – besser geht es fast nicht. Das Tamron 35mm 1,4 reiht sich problemlos in die Riege der außergewöhnlichen Festbrennweiten ein. Betrachtet man die von Nikon angebotenen Spitzenobjektive 28mm 1,4E, 58mm 1,4E und 105mm 1,4E, kann Tamrons 35er problemlos mithalten. Sicherlich das beste 35mm Objektiv für den F Mount. Absolut zu empfehlen!  

Beispielfotos

Tamron SP 45mm 1,8 Di VC USD

Das Tamron SP 45mm 1,8 VC kam Ende 2015 auf den Markt und war für Nikon F, Canon EF und Sony A zu einem Preis zwischen 400 und 500 Euro verfügbar. Im Jahr 2022 finden sich lediglich noch Restbestände im Handel.

Gehäuse und Handling

Mit Einführung der G2 Objektive und der SP Objektivserie hat sich Tamron deutlich vom ehemaligen Plastikleichtbau verabschiedet. War Gewichtsreduktion früher ein zentrales Marketinginstrument, sah man sich anscheinend gezwungen der optischen auch eine haptische Qualität zur Seite zu stellen, um beim Käufer ein entsprechende Wertigkeitsgefühl zu erzeugen.

Nicht zu schwere aber für ein 45mm 1,8 ordentliche 520g Gewicht, Metalltubus, Gummidichtlippe am Bajonett, Innenfokussierung, sowie ein hervorragend gedämpfter und weich laufender Fokusring runden das Gesamtbild ab, was weit entfernt von den sonst üblichen 50mm Kotobjektiven mit 1,8er Blende ist. Der Fokusmotor läuft angenehm leise, ohne jedoch Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen. Die Naheinstellgrenze beträgt sehr gute 0,29m, beim Nikon 50mm 1,8 sind es lediglich 0,45m.

Haptisch gibt es somit nichts auszusetzen. AF/MF und VC on/off Schalter liegen griffgünstig an der linken Seite. In der Nikon Version handelt es sich noch um ein G-Objektiv mit Blendenhebel. Somit ist es auch zu älteren Nikon Kameras der D1* und D2* Generation kompatibel und funktioniert auch an den Z Kameras via FTZ Adapter.  

Optische Qualität (an 45MP)

Die Bildmitte überzeugt bereits bei Offenblende mit einer guten Schärfe, die sich bis Blende 2,5 auf ein sehr gutes Niveau steigert. Ab Blende 2,8 kann man die Schärfe über das gesamte Bild hinweg bis in die Ecken als sehr gut bezeichnen.

Bei offenblende vignettiert es moderat, bei Blende 2,8 ist die Randabdunkelung verschwunden. Farbsäume sind sehr wahrscheinlich der einzige Kritikpunkt am Tamron 45mm 1,8. Insbesondere longitudinale chromatische Aberrationen sind problematisch.

Die Hintergrundunschärfe Bokeh) ist nicht die Paradesiziplin des Tamron SP 45mm 1,8, es kommt recht unruhig daher. Farben und Kontraste sind ähnlich zu Nikon Objektiven der 50mm 1,8er Riege, ohne optisch besonders herauszustechen.

Fazit

Das Tamron 45mm 1,8 liefert eine mehr als ordentliche Leistung zu vertretbarem Preis und kann Alleinstellungsmerkmale wie den Bildstabilisator für sich verbuchen. Auch der etwas weitere Bildwinkel von 45mm kann je nach persönlicher Vorliebe vorteilhaft sein. Für Liebhaber älterer Nikon DSLRs wie der D2x ermöglicht es gar die Verwendung einer stabilisierten Festbrennweite. Erstaunlicherweise funktioniert das Tamron 45mm 1,8 sogar an der F5, inklusive VR. And der F6 fokussiert es hingegen nicht. Insgesamt eine ordentliche Leistung ohne große Höhen und Tiefen, empfohlen aufgrund des Bildstabilisators und der Kompatibilität zu älteren DSLRs.

Nikkor AF Micro 70-180mm 4,5-5,6 D ED

Im Herbst 1997 erschien ein bis heute außergewöhnliches Objektiv: Nikons erstes (und bis heute einzige) Makro Zoomobjektiv mit einem maximalen Abbildungsmaßstab von 1:1,3. Bei einer UVP von 1.559 € verkaufte sich das Micro Nikkor 70-180mm 4,5-5,6 D ED in 7 Jahren bis Anfang 2005 weniger als 20.000 Mal. Leider erschien es zu Beginn der AF-S Ära noch als traditionelles AF Objektiv mit Schraubendreherantrieb, wodurch es nur an Spiegelreflexkameras mit eingbautem Motor automatisch fokussiert. Eine Besonderheit dieses Zooms ist die konstante Blende, unabhängig vom Abbildungsmaßstab. Damit verringert sich die effektive Blendenöffnung im Gegensatz zu den meisten Makroobjektiven im Nahbereich nicht.

Gehäuse und Handling

Das 70-180mm ist ein relativ kompakt gebautes, schmales und mit 17,5 cm recht langes Objektiv. Mit knapp über einem Kilogramm ist es für die Größe recht schwer und vermittelt einen kompakten, soliden Eindruck. Großzügig dimensionierte Zoom- und Fokusringe dominieren die in Kräusellack gehaltene Gehäuseoberfläche, ein Fokuslimiter kann den Fokusbereich in die Bereiche 0,37m-0,8m und 0,8m-Unendlich teilen. Zoom- und Fokusring haben bei manchen Exemplaren etwas Spiel in der Führung, weshalb der erste, hochqualitative Eindruck etwas getrübt wird. Der manuelle Fokus ist zwar langsam übersetzt und ausreichend gedämpft, treibt aber spürbar eine AF Mechanik im Inneren an.

Die AF/MF Umschaltung erfolgt über einen Plastikring mit Arretierung. Wie bei allen Objektiven gleicher Bauart ist beim Kauf darauf zu achten, ob dieser Ring noch intakt ist.

Leider verfügt das 70-180mm nicht über eine Innenfokussierung. Der innere Tubus fährt zur Naheinstellgrenze hin 3,4cm über den vorderen Rand des Gehäuses hinaus. Im Umgang mit dem Objektiv sollte darauf geachtet werden, diesen inneren Tubus nicht übermäßig mechanisch zu belasten um ein ausschlagen der Mechanik zu vermeiden. Die Frontlinse dreht sich nicht mit, wodurch die Verwendung von Polfiltern erleichtert wird.

Um so wichtiger ist daher auch die Verwendung der Gegenlichtblende HB-14, welche über einen Bajonettanschluss am Gehäuse befestigt wird. Die Verarbeitungsqualität der Blende kann leider nicht mit der des Objektivs mithalten. Viele Exemplare sind mittlerweile längs durchgebrochen oder sitzen sehr lose im Bajonett. Ein Nachkauf ist so gut wie unmöglich und Nachbauten gibt es nicht.   

Optische Leistung

Nikon hat bei der Konstruktion des 70-180mm recht großen Aufwand getrieben: 18 Linsenelemente in 14 Gruppen, gepaart mit einer kompensierenden Blende um Lichtverluste im Makrobereich auszugleichen.

Offenblendreihe: 70mm f/4,5 – 105mm f/5,0 – 135mm f/5,3 – 180mm f/5,6.

Abbildungsmaßstab bei minimaler Fokusdistanz von 0,37m: 70mm 1:3,21 – 105mm 1:2,21 – 180mm 1:1,33. Durch Verwendung der Nahlinse 6T wird bei 180mm ein Abbildungsmaßstab von 1:1 erreicht.

Und auch im Jahr 2021 kann sich das Ergebnis dieser Bemühungen an einem digitalen 45 MP Sensor sehen lassen, auch wenn sich – typisch für Objektive aus dieser Zeit – moderate Farblängsfehler bei offener Blende zeigen. Diese lassen sich jedoch durch leichtes Abblenden eliminieren.

Die Schärfe ist bereits bei Offenblende über den gesamten Bildbereich recht hoch und gewinnt naturgemäß durch Abblenden um eine Blende. Insgesamt verringert sich die Schärfe bei Offenblende moderat von 70mm bis 180mm.

Für Landschaftsaufnahmen ist man mit Blende 5,6 zwischen 70 und 135mm bestens bedient, darüber hinaus sollte besser auf Blende 8 reduziert werden. Trotz Fokusbegrenzer sollte man nicht der Versuchung erliegen, auch nur ansatzweise sich bewegende Objekte zu fotografieren. Dafür ist der Fokusantrieb einfach zu langsam – was für ein Makro allerdings auch vollkommen erwartbar ist.

Im Makrobereich erreicht die Schärfe nicht ganz das Niveau der neuesten Makroobjektive, wobei man dem 70-180mm zugutehalten muss ein Zoom zu sein, während alle anderen Makroobjektive Festbrennweiten sind. Dafür bietet es die Möglichkeit, durch Zoomen die Bildkomposition anzupassen. Um Missverständnisse zu vermeiden: Schärfe und Auflösung sind insgesamt als exzellent zu bezeichnen. Es gibt jedoch mordernere Makroobjektive, die eine höhere Schärfe erreichen.

Vergleicht man das 70-180mm bei 105mm mit dem AF-S Micro Nikkor 105mm 2,8 G ED VR, fallen weitere Unterschiede auf. Das Zoom erreicht bei einem minimalen Fokusabstand von 0,37m einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:2,21, während die Festbrennweite bei dieser Vergrößerung 0,42m Fokusdistanz voraussetzt. Die Lichtstärke beträgt bei gleichem Abbildungsmaßstab von 1:2,21, beim Zoom Blende 5 und bei der Festbrennweite f/3,5. Blendet man beide auf Blende 8 ab, sind jedoch kaum Unterschiede in der Leistung auszumachen:

Ausschnitt 100% Bildmitte

Intensive Farben und starke Kontraste prägen die Bildcharakteristik des 70-180. Insgesamt wirken die Fotos runder und nicht so klinisch-scharf wie bei moderneren Objektiven, ohne es an der absolut erreichbaren Schärfe mangeln zu lassen. Es passt sehr gut zu den Zooms der Zeit: AF 20-35mm 2,8 D, AF-S 17-35mm 2,8 D ED, AF-S 28-70mm 2,8 D ED, AF-S 80-200mm 2,8 D ED. Alles diese Objektive wurden erkennbar ähnlich abgestimmt. Die Hintergrundschärfe (Bokeh) ist durchschnittlich und manchmal etwas unruhig.

Fazit

Insgesamt zieht das Zoom im Makroeinsatz im Vergleich zu einer Festbrennweite konstruktionsbedingt auf dem Papier den Kürzeren. Die Einschränkungen sind jedoch in der Praxis nicht so gravierend, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Auch wenn bei 105mm nur ein Maßstab von 1:2,2 erreicht wird, hat man jedoch bei 180mm den Maßstab 1:1,33 zur Verfügung. Einzig wirklicher Nachteil gegenüber einem 105mm Makro ist die ca. 5cm kürzere Naheinstellgrenze, die bei Insekten mit kurzer Fluchtdistanz problematisch sein kann. Bei 180mm konkurriert es derzeit nur mit gebrauchten Makroobjektiven von Sigma, Tamron und Nikons AD 200mm 4,0 D ED Micro Nikkor. Lediglich gegen das Letztgenannte muss sich das 70-180 geschlagen geben.

Insgesamt ist das 70-180mm 4,5-5,6 eine absolute Empfehlung wert. Es bietet eine sehr ausgewogene und angenehme Bildcharakteristik und dazu deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten als eine Festbrennweite. Außerdem eignet es sich sehr gut als Teleobjektiv in der Landschaftsfotografie und kann bei kompakten Packmaßen eine doppelte Funktion erfüllen. Gebrauchtpreise von 700 bis 1.000 Euro sprechen für die Popularität dieses einzigartigen Zoomobjektivs.  

180mm f/5,6
180mm f/8
180mm f/11
180mm f/9
70mm f/4,5
70mm f/5,6
70mm f/8
135mm f/5,3
135mm f/5,6
135mm f/8
180mm f/5,6
180mm f/8

© 2025 Dennis Saßmannshausen Fotografie

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