Review F90x Film Logo

Vorstellung Nikon F90x

Eines der attraktivsten Modelle auf dem Gebrauchtmarkt für analoge Spiegelreflexkameras aus dem Hause Nikon ist derzeit die F90 bzw. F90x. Auf dem amerikanischen Markt wurden beide Modelle als N90 bzw. N90s angeboten.
Eingeführt im Jahr 1992 als F90 und 1994 zur F90x überarbeitet, prägte dieses Kameramodell den Nikon Markt bis zur Jahrtausendwende und bekam erst im Jahr 1999 einen würdigen Nachfolger in Form der höher positionierten F100.

Im Produktportfolio nahm die F90 die Position unterhalb des Spitzenmodells F4 und der späteren F5 ein. Mit Preisen von deutlich über 1.000 DM wurde sie hauptsächlich von ambitionierten Hobbyfotografen und als Zweitgehäuse von Profis gekauft. Als Set mit dem Batteriegriff MB-10 kostete Die F90x im Jahr 1996 1999,- DM, das Gehäuse einzeln ging für 1849,- DM über den Ladentisch. Im Nachfolgenden wird die Kamera zur Vereinfachung als F90x bezeichnet, Unterschiede zur F90 werden kenntlich gemacht.

Objektivkompatibilität

Aus heutiger Sicht ist die F90x besonders interessant da sie zu einer Zeit erschien, als Nikon begann Objektive auf AF-S Antrieb umzustellen. Somit sind die meisten F Objektive kompatibel zur F90x, lediglich VR funktioniert bei entsprechend ausgestatteten Objektiven nicht. Die neuesten Varianten mit elektronischer Blende oder AF-P Antrieb funktionieren ebenfalls nicht.
Einschränkungen gibt es ebenfalls bei Objektiven ohne Blendenring. Hier stehen nur die Betriebsarten Zeitvorwahl und Programmautomatik zur Verfügung. Wenn man – wie die meisten Fotografen – gewohnt ist, hauptsächlich im Modus Blendenvorwahl A zu arbeiten, stellt dies natürlich eine Einschränkung dar. Allerdings gewöhnt man sich schnell daran, die Blende nur indirekt über die Zeit zu steuern.

Gehäuse

F90x Front

F90x Frontansicht

Das Gehäuse besteht äußerlich aus Plastik, vermittelt aber dennoch ein Gefühl der Solidität und Kompaktheit. Es ist weit weg davon, den Namen Plastikbomber zu verdienen, auch wenn die äußere Erscheinung dies zunächst vermuten lässt.

Das Gewicht des Gehäuses (755g ohne Batterien) überrascht beim ersten Anfassen. Dies liegt insbesondere daran, dass der innere mechanische Aufbau im Vergleich zu heutigen Gehäusen recht aufwändig gestaltet ist und alle Baugruppen auf einer zentralen Struktur aus Metall montiert sind, die stabilisierend wie eine massive Grundplatte den Kern des Gehäuses bildet.
Die Stromversorgung wird von 4 herkömmlichen AA/Mignon Batterien übernommen. Interessanterweise passt der Batteriekorb der F-801(s) auch in die F90/F90x. Pro Batteriesatz könnnen bis zu 40 Filme belichtet werden.

Ebenfalls kompatibel zwischen F-801/s und F90/x sind die Fokus- bzw. Einstellscheiben im Sucher. Als Alternative zur matten Fokusscheibe bietet Nikon eine Variante mit Gitterlinien an Typ E). Der Sucher ist groß, hell und bietet beste Voraussetzungen zum manuellen Fokussieren. Ledichlich die Bildfeldabdeckung von 92% trübt die Freude etwas.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die F90(x) keine leise Kamera ist. AF Motor, Spiegelschlag und Filmtransport machen lautstark auf sich aufmerksam.

Bedienelemente und optionale Datenrückwand

Das mit der F-801 eingeführte Bedienkonzept wurde mit der F90 fortgeführt und verfeinert. Das mit der Vorgängergeneration erstmals implementierte Steuerkreuz auf der oberen, linken Gehäuseseite wurde beibehalten und der wahrscheinlich wenig verwendete Knopf für Mehrfachbelichtungen durch einen zur Steuerung der Blitzfunktion ersetzt. Eine Mehrfachbelichtung ist nur noch unter Verwendung der optionalen Datenrückwand MF-26 möglich.

F90x Top Panel

F90x Bedienelemente auf der Oberseite

Bei der F90 wurde auch zunächst der Ein-/Aus Schiebeschalter mit einer zweiten Rastposition für akustische Rückmeldungen bei korrektem Fokus übernommen. Mit der F90x entfällt dieses optionale, für viele Anwender eher nervige, Piepskonzert.
Im Vergleich zu heutigen Gehäusen ist der Belichtungsspeicher (AE-Lock) recht umständlich mittels eines auf der Rückseite angebrachten, federnd gelagerten Schiebeschalters umgesetzt, der bis zum Zeitpunkt der Auslösung mit dem Daumen unter Spannung gehalten werden muss.

Als optionales Zubehör zur F90 und F90x sind zwei Datenrückwände MF-25 und MF-16 erhältlich. Die MF-25 ist recht simpel in Funktionsweise und Aufbau und bietet lediglich die Möglichkeit, in Abhängigkeit von der einstellbaren Zeitzone Daum und Zeit in unterschiedlichen Formatierungen in das Bild zu belichten.

F90x mit MF-25 und MB-10

F90x mit MF-25 und MB-10

Die Rückwand MF-26 bietet weitere Optionen zur Datenbelichtung. Neben Datum und Uhrzeit können Bildnummern oder die Belichtungsparameter Blende und Zeit belichtet werden. Darüber hinaus stehen diverse Steuerungsmechanismen zur Verfügung, die über die Kamera selber nicht eingestellt werden können: Mehrfachbelichtung, Serienbilder, Intervalltimer, Belichtungsreihen, Fokusfalle, AF/AF Speicher.

F90x mit MF-26

Mit der F90x wurde ein Batteriegriff mit der Bezeichnung MB-10 eingeführt. Dieser Griff hat nicht die Aufgabe, eine längere Betriebszeit zu ermöglichen, da die 4 AA Zellen lediglich aus dem Handgriff der Kamera in den Batteriegriff wandern und somit keine Kapazitätserweiterung stattfindet.

Mechanisch ist der MB-10 kompatibel zur F90 und F90x, der zusätzliche Hochformatauslöser funktioniert allerdings nur an der letztgenannten. Die dafür notwendigen Kontakte konnten an der F90 kostenpflichtig bei Nikon nachgerüstet werden, dies dürfte jedoch nur in den seltensten Fällen geschehen sein.

AF und Belichtungsmessung

Foto mit Belichtungsdaten (MF-26)

Ein großer Vorteil der F90 ist der im Vergleich zur F-801 deutlich verbesserte Autofokus. Er ist im direkten Vergleich etwas leiser, schneller und treffsicherer und machte bis zum Erscheinen der F5 auch der F4 Konkurrenz. Der einzig verfügbare, zentrale Fokuspunkt ist in zwei Größen umschaltbar.
In der Praxis macht der Autofokus auch heute noch eine gute Figur. Er ist treffsicher, aber auch langsamer als heutige AF Systeme. Bei AF-D Objektiven arbeitet der Motor im Kameragehäuse recht laut und gibt ein fast schon kreischendes Geräusch von sich.

Die Belichtungsmessung arbeitet ebenfalls sehr exakt und lässt kaum Wünsche offen. Angeboten werden die Modi Matrix, Mittenbetont und Spot. Leider steht die Matrixbelichtungsmessung nur bei AF-Objektiven bzw. bei Objektiven mit CPU zur Verfügung.

Die Serienbildgeschwindigkeit der F90x beträgt 3,6 Bilder pro Sekunde. Der Batteriegriff steigert die Geschwindigkeit nicht – dies wurde erstmals mit der F100 implementiert.

Unterschiede F90/F90x

Die F90x unterscheidet sich von der zwischen 1992 und 1994 angebotenen F90 durch diverse Verbesserungen:

    – der Autofokus ist etwas schneller und leiser
    – im M und S-Modus können die Zeiten in Drittelstufen statt ganzen Schritten verändert werden
    – es wurde ein Programmshift implementiert, der eine Modifikation der Belichtungsautomatik (P) in Drittelstufen nach unten oder oben erlaubt
    • – der interne Speicher für Belichtungsdaten steigt von 2 auf 36 Filme. Dieser Speicher ist nur mittels Spezialkabel und Software für Sharp Organizer oder einem Programm namens Photo Secretary unter Windows auszulesen. Vor einigen Jahren gab es mit dem Hard-/Softwarekit meta35 von Promote Systems eine moderne Alternative, die jedoch nicht mehr verfügbar ist.
    – Entfall des optionale aktivierbaren Signaltons bei korrekter Fokuseinstellung.

Bekannte Probleme

Kuriosum: Nikon Modelle der 90er verwenden einen Schlitz, abgedeckt mit einer semi-transparenten Plastikleise, um bei ausreichendem Umbebungslicht das LCD im Sucher zu bleuchten. Erst bei wenig Licht schaltet sich die grüne Hintergrundbeleuchtung zu, welche dann auch außen sichtbar wird.

Technisch gilt die F90x als robust. Es sind keine typischen Ausfälle einzelner Komponenten bekannt. Man kann fast von einem Schweizer Uhrwerk sprechen.
Das einzige Problem der F90x ist kosmetischer Natur. Alle Rückwände – auch die optionalen Datenrückwände – verfügen über eine gummiartige Oberflächenbeschichtung. Diese Beschichtung löst sich mit der Zeit auf und verwandelt sich in eine klebrige Masse.

Viele Rückwände wurden daher schon von ihren Vorbesitzern von dieser Beschichtung mehr oder weniger elegant befreit. Die sanfteste und auch zeit- und materialintensivste Methode ist die Verwendung von Isopropylalkohol. Es werden aber viele durch und durch getränkte Tücher benötigt, bis die Beschichtung komplett abgewaschen ist. Dafür wird man mit einer blanken, unverkratzten Rückwand belohnt.

Die Zersetzung der Beschichtung lässt sich übrigens beschleunigen, wenn die Kamera in Plastikfolie eingewickelt wird. Besonders private Verkäufer wickeln die Kameras oftmals fürsorglich in Luftpolsterfolie ein. Der Transportweg reicht aus, um die Beschichtung, selbst wenn sie zuvor noch einigermaßen in Ordnung war, in eine zähe Masse zu verwandeln.

Marktverfügbarkeit

Aufgrund der langen Laufzeit des Modells im Nikon Produktprogramm sind große Stückzahlen am Markt verfügbar. Dies gilt insbesondere für die F90x, die naturgemäß der F90 zu bevorzugen ist.
Auch wenn es auf ebay diverse Sofort-Kaufen Angebote für bis zu 90 Euro gibt besteht kein Grund solche Preise zu bezahlen. Wenig genutzte Exemplare gehen normalerweise für 40-50 € in Auktionen über den Tisch. Sie liegt damit preislich 10 bis 20 Euro über der älteren F-801, aber immer noch deutlich unter der F100, welche nur für dreistellige Beträge zu haben ist.
Die Einschränkungen hinsichtlich G- und VR Objektiven sind zu verschmerzen. Die gute Belichtungsmessung und der treffsichere (aber langsame) Autofokus entschädigen dafür mehr als ausreichend und machen die F90x in dieser Preisklasse konkurrenzlos.

F90 Spiegelgehäuse

F90 Spiegelgehäuse, Vorderansicht

F90 Spiegelgehäuse mit AF Modul und Blendensteuerung

F90 Spiegelgehäuse (Rückseite) mit AF Modul und Blendensteuerung

F90 Basisplatte mit Verschluss

F90 Basisplatte mit Verschluss