Im August 2007 überraschte Nikon mit der Ankündigung von zwei digitalen Spiegelreflexkameras, welche für Nikon eine neue Epoche einläuteten. Neben der D3 mit Vollformatsensor wurde die kleine Schwester D300 vorgestellt, welche die Vorzüge des neuen Profimodells auf die DX-Klasse übertragen sollte.

War der Schock über die Einführung des FX genannten Vollformatsensors in der Profiklasse schon groß genug, wurde zusätzlich die D2xs zu allem Überfluss durch ein deutlich günstigeres Modell im DX Format technisch weit überholt. Höhere Serienbildgeschwindigkeit, höhere nutzbare ISO Werte, besserer Autofokus. Alle Käufer der D2xs dürften wenig erfreut gewesen sein.

Dafür war die Laune bei allen Hobbyfotografen umso besser. Endlich überwand Nikon den Rückstand beim Bildrauschen und überholte Canon sogar. Bezogen auf das DX Sensorformat und die D300 bedeutet dies, dass nun ISO 1600 gute Ergebnisse erzielte und ISO 3200 nutzbar wurde. Die D3 ist diesem bedingt durch den größeren Sensor mindestens eine weitere Stufe voraus. Dennoch stellt auch die D300 einen gewaltigen Fortschritt innerhalb des Nikon Systems dar.

Das Gehäuse baut auf den Tugenden der D200 auf. Magnesiumlegierung, gummierte Griffflächen, direkte Bedienelemente, hoch auflösender Monitor. Erstmals kann auch die Verarbeitung des optional erhältlichen Batteriegriffs MB-D10 mit der des eigentlichen Gehäuses mithalten.

Sensor

Im Gegensatz zur D200 kommt nun in der D300 ein CMOS Sensor zum Einsatz, welcher höhere ISO Werte ermöglicht. Die Erhöhung der Auflösung auf 12 MP fällt dabei relativ moderat aus, passt aber zur ebenfalls mit einem 12 MP Sensor ausgestatteten D3.

Nikon änderte mit der Einführung dieses Sensors die Farbabstimmung. Dies hat nichts mit der Umstellung von CCD zu CMOS zu tun, sondern muss eine bewusste Entscheidung gewesen sein.
Zum ersten Mal bietet die D300 einen LiveView Modus, um über den Kameramonitor fokussieren zu können. Eine Videofunktion bleibt der D300 jedoch vorenthalten, erst die D300s erhält die (rudimentäre) Möglichkeit, Videos in 720p aufzunehmen.

Der Sensor wurde später im Nachfolger D300s, der D90 und der D5000 eingesetzt und verfügt über eine eingebaute Sensorreinigung.

Insgesamt kann der DX CMOS nicht mit der Leistung des 12 MP FX Pendants mithalten. Der Dynamikumfang wurde gegenüber der D2x und der D200 deutlich verbessert, allerdings stört bereits bei ISO 200 ein leichtes Rauschen bei uniformen Flächen. Dieses Rauschen ist sehr fein und stellt insgesamt kein Problem für die Bildqualität dar, fällt aber insbesondere im direkten Vergleich zu 12 MP FX Bildern, aber auch im Vergleich zur D2x auf. Fotos aus der D300 erreichen nicht die Reinheit und Homogenität anderer Kameras. ISO 1600 ist in den meisten Situationen gut nutzbar.

Autofokus

Eine weitere revolutionäre Neuerung stellt das AF Modul Multicam 3500DX mit 51 Messfeldern und 15 Kreuzsensoren dar. Entlehnt der deutlich teureren D3, stellt es eine deutliche Verbesserung gegenüber dem zuvor in der D200 eingesetzten 11 Punkt AF dar.

Anders als noch bei der Paarung D2x/D200 wird das AF Modul nicht in der Anzahl der Kreuzsensoren beschnitten. Nikon wirbt sogar damit, dass es sich um den gleichen Autofokus wie im Spitzenmodell handelt. In der Realität lässt sich jedoch feststellen, dass der AF der D3 noch ein wenig schneller und genauer arbeitet. Die Unterschiede sind nicht sehr groß, aber spürbar genug, um einen Teil der Mehrkosten für das Profimodell gerechtfertigt erscheinen zu lassen.

Serienbildgeschwindigkeit

Erstmals wurde die dreistellige Mittelklasse als Sportkamera positioniert. Ohne Batteriegriff erreicht die D300 6 Bilder pro Sekunde (D300s 7 Bilder pro Sekunde), mit Batteriegriff und unter Einsatz von 8 Mignonzellen oder dem EN-EL4 Akku aus der einstelligen D-Serie 8 Bilder pro Sekunde.

D300s in 2009

Zwei Jahre nach Vorstellung der D300 legte Nikon mit der D300s im August 2009 eine überarbeitete Version der D300 in die Regale der Händler. Neben einem zweiten Speicherkartenfach für SD Karten (Konfiguration nun 1x CF, 1x SD) wurde der Kamera ein rudimentärer Videomodus mit 1280×720 bei 24 Bildern pro Sekunde spendiert.

Die Serienbildgeschwindigkeit ohne Batteriegriff stieg auf 7 Bilder pro Sekunde. Das Gehäuse änderte sich bis auf den Entfall der Speicherkartenverriegelung nicht. Von der Bildqualität her unterscheidet die D300s nichts vom Vorgänger.

Bekannte Probleme

Sowohl die D300 als auch die D300s gelten als frei von Fertigungsfehlern. Es gibt zur D300 vereinzelt Berichte über Probleme mit der Stromversorgung, ähnlich zum Dead Battery Syndrome (DBS) der D200. Hier ist jedoch von selten auftretenden Einzelfällen auszugehen.

Auch im Alter machen die beiden Kameras eine gute Figur. Wie schon bei der D200 können sich die Gummierungen lösen und ggf. auch das vordere Einstellrad blockieren. Dieses Problem tritt jedoch seltener auf als beim Vorgänger. Bei manchen Kameras bricht die 4-Wege Einstellwippe an der Kamerarückseite durch mechanische Überbeanspruchung ab, ein Ersatz dürfte mittlerweile schwierig zu bekommen sein.
Der Verschluss hält im Regelfall mindestens 150.000 Auslösungen durch.

Zubehör / Batteriegriff

Erstmals kann ein dem Mittelklassegehäuse angemessener Batteriegriff erworben werden. Als Material kommt Metall zum Einsatz und der Einschub der Energiespender erfolgt nun von der Seite. Dies gibt dem Griff insgesamt eine viel höhere Stabilität und eine deutlich bessere Haptik.

Der MD-D10 lässt sich – wie bei den Vorgängern – mit einem zusätzlichen EN-EL3e Akku oder 8 Mignon Zellen betreiben. Neu ist erstmals auch die Möglichkeit, den größeren EN-El4a Akku der D3 zu verwenden. Eine relativ hohe Hürde dafür ist allerdings der dann zusätzlich notwendige Erwerb einer Akkufachabdeckung BL-3 und des sehr teuren Ladegerätes. Nikon bot diese Komponenten zusammen mit dem MB-D10 auch als leicht vergünstigtes Power Drive Kit an.

Kommerzieller Erfolg und heutige Marktsituation

Die D300 konnte an die Verkaufszahlen der D200 mit (geschätzt auf Basis bekannter Seriennummern) 600.000-700.000 Exemplaren anknüpfen. Bei der D300s lässt sich mit etwas über 400.000 Kameras ein Rückgang des Absatzes verzeichnen, was sicherlich am geringen Funktionszuwachs der überarbeiteten Kamera, sowie der veränderten Marktsituation durch die Vorstellung der D700 liegt.

Gebrauchte D300 sind bereits für etwas über 200 Euro erhältlich, D300s kosten 50 bis 100 Euro mehr. Sofern kein zweites Speicherkartenfach und keine (simple) Videofunktion benötigt wird, lohnt die Mehrausgabe für eine gebrauchte D300s kaum.