Anfang der 80er Jahre unternahm Nikon einen ersten Anlauf zur Einführung einer Autofokuskamera. Basis dafür war eine modifizierte F3, die durch einen anderen Sucher und elektrische Kontakte im Bajonett zur F3AF mutierte. Zusammen mit der Kamera wurden zwei Autofokusobjektive mit eingebautem Fokusmotor angeboten: 80mm 2,8 und 200mm 3,5. Das 80mm 2,8 wurde oftmals zusammen mit der F3AF im Kit verkauft und ist daher deutlich häufiger am Gebrauchtmarkt anzutreffen. Verkaufsstart war das Jahr 1983.

Die Preise waren insgesamt recht ambitioniert angesetzt: 1984 kostete die F3AF 2625,- DM, das 80mm 2,8 889,- DM und das 200mm 3,5 stolze 2169,- DM.  Zusätzlich gab es noch einen 1,6x Telekonverter TC-16AF für 689,- DM, der manuelle Objektive mit Blende größer 2,0 mit einer teilweisen AF Funktionalität versehen konnte (grob manuell fokussieren, der AF im TC regelt in einem limitierten Bereich die Feineinstellung).

Im Nachhinein kann man Nikon Hinterhältigkeit unterstellen. Die Autofokusobjektive waren nicht kompatibel zum 1985 eingeführten AF Konzept, wie wir es heute noch kennen und was sich damals sicherlich parallel in der Entwicklung befand. Somit blieb die F3AF mit den Objektiven eine teure Insellösung, die 1986 wieder vom Markt verschwand. Lediglich die F4 bietet noch die Möglichkeit, die F3AF Objektive mit Autofokus zu benutzen. Aufgrund der kurzen Marktverfügbarkeit und hohen Preise sind die beiden Objektive recht selten – mehr als 13.000 80mm 2,8 und 7.000 200mm 3,5 ED dürften nicht produziert worden sein.

An manchen Kameras funktionieren die F3AF Objektive wie herkömmliche, manuelle AI-S Linsen. Nikon listet 80mm 2,8 und 200mm 3,5 in den Handbüchern aller DSLRs ausdrücklich als inkompatibel, was für ältere DSLRs auch zutrifft. Schließt man eines der Objektive an eine ältere Kamera an, zeigt der Akku augenblicklich leer an und erholt sich auch nicht, wenn das Objektiv wieder abgenommen wird (getestet an einer D50). Der Akku muss anschließend neu geladen werden.

Anscheinend schließt das Objektiv den Akku kurz, womit augenblicklich die Ladung verloren geht bzw. eine Schutzschaltung des Akkus aktiviert wird. Da Schäden an der Kameraelektronik nicht auszuschließen sind, sollte man die F3AF Objektive nicht an älteren DSLRs verwenden. An der D300, D3, D700, D800, D500, D4, D850 und Z6/Z7 mit FTZ funktioniert das 200mm 3,5 hingegen einwandfrei, anscheinend hat Nikon bei den neueren Kameras eine Schutzschaltung eingebaut. An Kameras vor 2007 (z.B. D2/D200 Generation) würde ich es nicht verwenden.

Handling

Das hier vorgestellte AF 200mm 3,5 ED F3AF verfügt über ein relativ dickes Gehäuse, welches dem verbauten Fokusantrieb geschuldet ist. Der Antrieb selber ist als Motor mit Getriebeübersetzung ausgeführt. Dies ist insbesondere dann deutlich spürbar, wenn das Objektiv mit manuellem Fokus verwendet wird. Bewegt man den gummierten Fokusring an der Vorderseite des Objektivs, ist immer ein kleines Spiel im Mechanismus zu spüren.

Die manuelle Fokussierung selber funktioniert recht gut, auch wenn der Einstellweg länger sein könnte. Interessanterweise verfügt der Fokusring bei Erreichen der Einstellgrenzen im Nah- und Fernbereich nicht über einen harten Anschlag, sondern lässt sich wie bei AF-S Objektiven über die Begrenzung hinaus drehen.

Fokus Limiter F3AF 200mm 3,5

Der Tubus ist aus Kunststoff gefertigt und verfügt an vielen Stellen über eine Belederung aus Kunstleder. Auffällig sind der große AF/MF Umschalter auf der Oberseite des Tubus, sowie der Fokuslimiter in Ringform direkt hinter dem Blendenring. In dieser Form wurde beides bei den nachfolgenden AF Objektiven nicht mehr verbaut. In der Mitte des AF/MF Umschalters, sowie auf gleicher Höhe seitlich versetzt, befinden sich jeweils ein AF-Stopp Schalter. So lange einer der beiden Knöpfe gedrückt ist, pausiert der AF Antrieb.

Der Blendenring entspricht dem eines herkömmlichen AI-S Objektivs – inklusive Hasenohren – und besteht aus Metall. Die ausziehbare Sonnenblende kennt man in ähnlicher Form bereits von vielen manuellen Festbrennweiten.

Optische Leistung

Bei Offenblende überzeugt das 200mm 3,5 durch minimale Aberrationen, welche außergewähnlich gut korrigiert sind. Selbst starke Kontraste rufen nur minimale Farblängsfehler hervor. Die Schärfe ist in der Bildmitte bereits sehr gut und fällt zum Rand nur leicht ab. Abblenden auf 4,0 steigert den Kontrast geringfügig bei insgesamt gleicher Charakteristik. Bei Blende 5,6 steigert sich die Schärfe nochmals leicht.

Die Vignettierung ist bei f/3,5 und f/4 moderat und verschwindet bei Blende 5,6. Starke Kontraste, angenehme Hintergrundunschärfe und eine ausgewogene Farbdarstellung kennzeichnen die Bildqualität aus. An 45 MP Sensoren Bestleistung ab Blende 4,0.

Fazit

Unabhängig von der gewählten Blende kann das Objektiv auch an einem 45 MP Sensor vollends überzeugen. Gegenüber einem manuellen AI oder AI-S 200mm 4,0 bietet es eine deutlich bessere Abbildungsqualität. Meiner Meinung nach kann es sich ebenfalls gegen das AF 180mm 2,8 ED durchsetzen.

Wenn Nikon exakt dieses Objektiv mit einem AF-S oder AF-P Antrieb ausgestattet neu auflegen würde, wäre es sicherlich eine Perle im Objektivprogramm.

 

Blende 3,5

 

Blende 4,0

 

Blende 4,0