Objektive zur Perspektivkorrektur bietet Nikon schon seit den frühen Tagen des F-Systems an. Bereits 1962 erschien das 35mm 3,5 PC Nikkor Shiftobjektiv, 1975 gesellte sich noch eine 28mm Variante mit Blende 4 dazu. In den Folgejahren wurde bei beiden Objektiven die Lichtstärke verbessert, bevor mit dem PC 85mm 2,8D Micro im Jahr 1999 erstmals ein vollkommen neuer Objektivtyp mit zusätzlicher Verstellmöglichkeit für die Schärfeebene hinzukam (Tilt Funktion).

Dieses erste Tilt / Shift Nikkor kam noch ohne elektronische Blendeneinstellung daher, bevor dieses 2007 zum ersten PC-E Nikkor mit elektronischer Blendeneinstellung überarbeitet wurde. Es war das erste Objektiv mit elektronischer Blende im Nikon Objektivkatalog.

Kurze Zeit später gesellten sich Anfang 2008 noch das PC-E 24mm 3,5 ED und das PC-E 45mm 2,8 ED Micro hinzu. Dieses Tilt/Shift Trio bekam erst im Jahr 2016 Zuwachs durch das PC-E 19mm 4,0.

An dieser Stelle werden die drei PC-E Nikkore mit 24mm, 45mm und 85mm vorgestellt. Allen drei gemeinsam ist der mechanische Aufbau und die annähernd gleiche Größe. Preislich liegen die beiden weitwinkligeren Modelle bei ca. 1.800 €, das 85mm Macro Tilt Shift ist bereits für ca. 1.600 zu haben.

Mechanischer Aufbau

Mit den PC-E Objektiven ist es möglich, die Schärfeebene zu verschwenken (Objektiv knickt gegenüber der Sensorebene ab, Tilt Funktion) und die gesamte Optik gegenüber dem Sensor vertikal zu verschieben (Shift Funktion). Bei den 24mm, 45mm, 85mm sind diese beiden Möglichkeiten fest um 90 Grad zueinander versetzt. Um nun in die gewünschte Richtung zu Tilten oder Shiften kann man das Objektiv am Bajonett um jeweils 90 Grad nach links oder rechts drehen.

Die Objektive sind allesamt sehr robust aufgebaut. Die Drehschrauben zur Verschiebung der Tilt oder Shift Ebene sind gut bedienbar, lediglich die Verriegelungsschrauben sind etwas klein ausgefallen und klemmen sich mitunter etwas fest.

Es ist ratsam, diese nicht allzu fest anzuziehen. Allerdings blockieren die Feststeller nicht so stark, dass eine Verstellung unter keinen Umständen mehr möglich ist. Insbesondere die Shiftachse ist tückisch, da diese durchaus schon mal komplett bis an den Anschlag verrutschen kann, wenn man die Kamera am Objektiv hochhebt. Bei der Handhabung ist demnach Vorsicht geboten, man sollte bei montiertem PC-E Objektiv das Setup eher am Kameragehäuse zuerst anheben.

Der Fokusring ist bei allen drei Exemplaren sehr großzügig dimensioniert, exzellent gedämpft und ausreichend fein justierbar.

Mit einem Gewicht von 635g bis 770g hinterlassen die Objektive einen deutlich solideren Eindruck als die Festbrennweiten neueren Datums.

Inkompatibilitäten

Aufgrund der elektronischen Blende ergeben sich mit älteren Gehäusen einige Inkompatibilitäten. Analoge Gehäuse wie die F90(x), F75, F100, F4, F5, F6 sowie digitale Spiegelreflexkameras der ersten Generation – D1,D1h,D1x,D2h(s),D2x(s),D100,D200,D50, D70(s),D80 können die elektronische Blende nicht nutzen, sind aber bei manueller Blendensteuerung am Objektiv vollständig kompatibel zu den PC-E Nikkoren. Hierbei muss die Blende am Objektiv eingestellt und mittels der Abblendtaste des Objektivs auf die eingestellte Blende abgeblendet werden.

Ab D3, D300, D700 sind die PC-E Nikkore elektronisch voll kompatibel. Beim PC-E 24mm 3,5 treten allerdings auch mechanische Probleme auf.
Da die Verstellschrauben des 24mm PC-E relativ nah am Objektivbajonett sitzen, stoßen diese bei Drehung des Objektivs mitunter an das Prismengehäuse an, je nachdem wie das Objektiv per Drehung ausgerichtet ist. Davon sind insbesondere die Gehäuse der Mittelklasse betroffen, die aufgrund des eingebauten Blitzes über ein weit vorgezogenes Prismengehäuse verfügen. Bei PC-E 45mm und 85mm treten solche Probleme nicht auf.

Umbau der Shift – Achse

Tilt- und Shiftachse sind bei Auslieferung der Objektive um 90 Grad zueinander versetzt. Es ist also nicht möglich, in die gleiche Richtung zu Tilten und zu Shiften. Sofern dies benötigt wird, bietet Nikon einen Umbauservice an, der Tilt und Shift in die gleiche Richtung ermöglicht. Beim PC-E-24mm 3,5 kann man diesen Umbau relativ einfach selber bewerkstelligen, entsprechende Anleitungen kursieren im Netz.

Für die beiden anderen Objektive funktioniert dies nicht, da eine längere interne Verkabelung benötigt wird. Es ist dringend davon abzuraten, diesen Umbau beim 45mm und 85mm auf eigene Faust zu versuchen, da mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kabel direkt beim Umbau oder nach kurzer Nutzung beschädigt werden.

Optische Leistung

Die optische Leistung der Tilt/Shift Objektive muss sowohl im Normalmodus (nicht geshiftet, nicht getiltet), als auch unter Nutzung der Verstellmöglichkeiten beurteilt werden.

Ohne Tilt/Shift

Alle drei Objektive sind für die Landschaftsfotografie zu gebrauchen, jedoch sollte man sie nicht speziell für diesen Einsatzzweck erwerben. 24mm 3,5 und 45mm 2,8 PC-E müssen jeweils auf Blende 8 abgeblendet werden, um an einem 45 MP Sensor ausreichende Schärfe an den Rändern (Schwachpunkt des 24mm PC-E) und in den Ecken (Schwachpunkt des 45mm PC-E) zu erreichen. Die Bildmitte kann beim 24mm erst ab Blende 5,6 und beim 45mm ab Blende 4 überzeugen.

Standardfestbrennweiten wie ein 24mm 1,8 oder 50mm 1,4 sind erheblich günstiger und bieten bereits ab Blende 2,8 eine bessere Bildqualität. Das maximal erreichbare Auflösungsvermögen dürfte bei herkömmlichen Festbrennweiten ebenfalls höher sein.

Das PC-E 85mm 2,8 schlägt sich als Universalobjektiv durchaus sehr gut. Die Schärfe ist in der Bildmitte an der D850 bereits ab Blende 2,8 ausreichend, ab Blende 5,6 ist sie bis an den Rand und in die Ecken exzellent.

Makrofunktion

Die Objektive mit 45mm und 85mm tragen den Namenszusatz Micro Nikkor und speziell beim 45mm PC-E hebt sich di optische Leistung im Nahbereich positiv ab. Beide Makroobjektive erreichen einen Abbildungsmaßstab von 1:2 und bilden ab Blende 4 an der D850 exzellent ab.

Es ist möglich, den Abbildungsmaßstab durch Zwischenringe zu verringern. Man sollte allerdings solche mit elektronischen Kontakten benutzen, um die elektronische Blende steuern zu können. Theoretisch funktionieren auch rein manuelle Zwischenringe, allerdings muss man dann das Objektiv zunächst an die Kamera montieren, die Blende per Ring am Objektiv einstellen, über den Abblendknopf am Objektiv auf die Arbeitsblende abblenden und anschließend die Zwischenringe montieren. Dies bedeutet jedoch auch, dass man auf die einmal eingestellte Blende fixiert ist und das Sucherbild entsprechend dunkel wird.

Tilt/Shift

Die Nutzung der Tiltfunktion ist bei der Betrachtung der Bildqualität relativ belanglos. Da die Schärfeebene gegenüber der Sensorfläche gekippt wird, entzieht sich das entstehende Bild gängigen Beurteilungskriterien hinsichtlich technischer Bildqualität. An dieser Stelle sei nur gesagt, dass die Tiltfunktion bei allen drei Objektiven einwandfrei funktioniert und neue Möglichkeiten für kreative Bildgestaltung eröffnet. Insbesondere die beiden Makroobjektive profitieren von der Tiltfunktion, da bei Nahaufnahmen der Schärfebereich dem Motiv angepasst werden kann.

Die Shiftfunktion hat jedoch direkten Einfluss auf die Bildqualität. Je mehr man sich den extremen Enden des Einstellbereiches nähert, desto mehr leidet die Bildschärfe. Bei Shift in Portrait- bzw. Hochkantausrichtung kommt bei allen Objektiven noch eine starke Vignettierung hinzu, die am äußeren Ende der Skala zu schwarzen Bildecken führt.

Das 24mm 3,5 PC-E hinterlässt auch hier den schwächsten Eindruck. Bereits ab der mittleren Shiftposition (in beiden Richtungen) lässt die Schärfe im gesamten Bild etwas nach. Geht man über diesen Punkt hinaus, bauen die Bildränder an der kurzen Seite merklich ab. Auch abblenden auf f/8 oder F/11 kann diesen Schärfeverlust nicht ausgleichen.
Die Objektive mit 45mm und 85mm schlagen sich in dieser Disziplin deutlich besser und bauen bis zur Maximalstellung hinsichtlich der Schärfe nur moderat ab.

Gebrauchtmarkt und Produktionszahlen

Die Tilt/Shift Objektive sind Exoten im Objektivproramm und dazu recht teuer. Kaum verwunderlich ist daher, dass die verkauften Stückzahlen relativ niedrig ausfallen. Das 24mm 3,5 PC-E ist das beliebteste der drei Objektive und mit ca. 20.000 Exemplaren das am häufigsten anzutreffende. Danach folgt das 85mm 2,8 PC Micro, welches in der älteren Version ohne elektronische Blende auf ca. 10.000 Einheiten kommt, die neuere Variante mit E-Blende schafft es bisher auf knapp 7.000 Exemplare. Das 45mm 2,8 PC-E ist mit knapp 8.000 bisher verkauften Einheiten das mit Abstand seltenste Objektiv dieser Dreiergruppe.

Diese relative Seltenheit führt am Gebrauchtmarkt zu stabilen Preisen. Das 24mm wird zwischen 1.100 und 1.400 € angeboten, das 45er (wenn es denn zu finden ist) im gleichen Preisbereich, lediglich das 85mm 2,8 Micro ist bereits ab 800 ohne und für ca. 1000 Euro mit elektronischer Blende zu haben.

Fazit

Die PC-E Objektive mit 24mm, 45mm und 85mm sollte man nur dann kaufen, wenn man die Tilt oder Shiftfunktion wirklich nutzen möchte. Es macht keinen Sinn, diese Objektive den herkömmlichen Varianten vorzuziehen und die Spezialfunktionen quasi bei Bedarf in der Hinterhand zu haben. Dafür sind sie zu teuer, größer in den Abmessungen und nicht so lichtstark wie zum Beispiel die kompakten 1,8er Festbrennweiten.

Die Tiltfunktion ist jedoch nicht durch den Einsatz von Software zu ersetzen und im Makrobereich oftmals unentbehrlich. Für die Zielgruppe der Makrofotografen sind das 45er und 85er sicherlich sehr interessant, auch aufgrund der Tatsache dass diese beiden anscheinend optisch auf den Nahbereich hin optimiert wurden. Das 24er mag in Bereichen wie der Foodfotografie eine Sinnvolle Investition sein.

Sample 24mm 3,5 PC-E (FX / 45MP): 24mm 3,5 @ f/8,0 und 50% Shift

Sample 24mm 3,5 PC-E (FX / 36MP): 24mm 3,5 @ f/5,6 kein Shift

Sample 45mm 2,8 PC-E (FX / 45MP): 45mm 2,8 @ f/8,0 kein Shift

Sample 85mm 2,8 PC-E (FX / 45MP): 85mm 2,8 @ f/2,8 kein Shift

Sample 85mm 2,8 PC-E (FX / 36MP): 85mm 2,8 @ f/5,6 kein Shift, 20% Tilt