Sie ist sicherlich die widersprüchlichste und meist diskutierte digitale Spiegelreflexkamera, die Nikon je gebaut hat: das Modell Df. Das Kürzel Df steht dabei für „Digital fusion“ und soll die Verschmelzung einer digitalen Spiegelreflexkamera der D-Serie und einer analogen F Spiegelreflex darstellen. Die Df nutzte den gleichen 16 MP Bildsensor wie das zu diesem Zeitpunkt aktuelle Spitzenmodell D4.

Gedacht war sie als Reminiszenz an die Blütezeit der simplen, mechanischen Spiegelreflexkamera in den 1970er Jahren – und das Konzept sprach auch durchaus viele Fotografen an, als das Modell Ende 2013 auf den Markt kam. Leider wurde die Df dennoch nicht zu einem großen Verkaufserfolg, auch wenn mehr als 70.000 (nach den Zahlen von Roland Vink ggf. sogar über 80.000) Exemplare verkauft wurden.

Am hinderlichsten dürfte der Verkaufspreis von 2749 Euro gewesen sein. Man muss schon sehr retroverliebt sein, um für eine solche Kamera mehr Geld auszugeben, als für die semiprofessionelle D800 mit 36MP und einer Ausstattung auf dem Stand der Technik.

Viel diskutiert wurde auch die Tatsache, dass sich Nikon bei den übrigen Komponenten eher aus dem Regal der unteren Mittelklasse bedient hatte. Insbesondere das AF Modul mit 39 Sensoren aus der D600/D610 stieß auf Unverständnis. Oftmals wurde argumentiert, die Df sei nur eine D600 in Retroverpackung, was allerdings in keiner Weise zutrifft. Auch wenn einzelne Komponenten wie Bildsensor, Spiegelkasten und AF Modul aus anderen Kameras stammen, sollte man der Df doch zugestehen, eine eigenständig entwickelte DSLR zu sein.

Gehäuse und Handling

Die Eigenständigkeit des Modells zeigt sich bereits am Gehäuse. Boden, Rückwand und Oberkappe bestehen aus Metall. Bei der Oberkappe merkt man davon allerdings wenig, da das Suchergehäuse von einer Kunststoffhülle umgeben ist, welche den Blitzschuh, das Suchergewinde und die Belederung trägt. Der Sucher besitzt wie die professionellen Gehäuse ein rundes Okular.  

Eingeklappter Blendenmitnehmer

Ein Alleinstellungsmerkmal der Df ist der zurückklappbare Blendenmitnehmer am Bajonett und die erstmals ermöglichte Belichtungsmessung für Objektive ohne Blendenwertübertragung. Dadurch ist die Df die einzige digitale Nikon Spiegelreflexkamera, an der non-AI Objektive mit Belichtungsmessung betrieben werden können. Hierfür hat Nikon eigens die Firmware im Menüpunkt „Objektivdaten“ erweitert. Für die 9 dort hinterlegbaren Objektive kann neben Brennweite und Lichtstärke angegeben werden, ob die Blende per AI Kupplung übertragen wird, oder ob es sich um ein non-AI Objektiv handelt. Im letzteren Fall kann der am Blendenring des Objektivs eingestellte Blendenwert wie bei AF Objektiven über das vordere Einstellrad der Kameraelektronik mitgeteilt werden, damit dieser korrekt in die Exif Daten geschrieben wird. F Objektive mit Autofokus werden vollständig inkl. E-Blende und AF-P Fokusmotor unterstützt.

Vom Design her ist die Df wie die analogen Ahnen auf die Verwendung kompakter Objektive ausgelegt. Dennoch hat sich Nikon bemüht, die Ergonomie durch einen dezent ausgeformten Handgriff gegenüber den „Zigarettenschachteln“ der 70er Jahre zu verbessern. Auch wenn der Griff einen etwas besseren Halt bietet, ist er aufgrund der kompakten Abmessungen nicht mit den ergonomisch geformten Gehäusen aktueller Kameras vergleichbar.

Das aus der D600/D610 stammende Fokusmodul mit 39 AF Sensoren zählt sicherlich nicht zu den Highlights der Df, Treffsicherheit und Geschwindigkeit sind lediglich durchschnittlich. Außerdem sind die 39 AF Felder im Vergleich zu anderen Vollformatkameras zu sehr in der Bildmitte konzentriert, insbesondere die vertikale Abdeckung lässt stark zu wünschen übrig. Da sich die Df jedoch hauptsächlich als Retrokamera präsentiert und speziell Nutzer manueller Objektive ansprechen soll, ist dieses gegebenenfalls noch verschmerzbar.

Für die Nutzung manueller Objektive kommt somit dem Sucher eine zentrale Bedeutung zu. Und hier bietet Nikon leider nur den damaligen – immerhin gehobenen Standard – an. Der Sucher bietet eine Bildfeldabdeckung von 100% und entspricht damit der D800 und D4. So weit, so standesgemäß für eine 2.700 € teure Kamera im Jahr 2013.

Es wäre vielleicht angebracht gewesen, weitere Einstellhilfen wie z.B. austauschbare Mattscheiben mit Schnittbildindikator anzubieten. Dies hätte den Retroaspekt unterstrichen, für zusätzliche Einnahmen durch den Verkauf von Zubehör geführt und die Df zur besten Kamera für die Nutzung manueller Objektive aufgewertet. So bleibt der Eindruck, dass das AF Modul unterdurchschnittlich ausgestattet ist und manuelle Objektive genauso gut oder schlecht fokussiert werden können, wie an anderen Spiegelreflexkameras der oberen Mittelklasse/Oberklasse auch.

Angelehnt an die manuellen Gehäuse der 1970erJahre wurden einige Einstellungen auf dedizierte Einstellräder auf der Oberseite der Kamera verlagert. Auf der linken Seite des Suchergehäuses befinden sich zwei übereinanderliegende Räder für Belichtungskorrektur und ISO Wert. Etwas irritierend, aber einer versehentlichen wirksam vorbeugend, sind die zwei separaten Arretierungen in der Mitte und seitlich der beiden Einstellräder. Der Stift in der Mitte muss gedrückt werden, um das obere Rad für die Belichtungskorrektur zu betätigen, der seitliche Stift fixiert die ISO Einstellung.

Auf der rechten Seite des Suchers befinden sich das Zeitenwahlrad, (ebenfalls mit mittiger Arretierung), darunter im Sandwich der Wahlhebel für die Aufnahmebetriebsart (nicht arretiert) und an der Außenseite neben dem Auslöser ein zur Verstellung anzuhebender Wähler für die Belichtungssteuerung M/A/P/S. Alle Räder sind aus Metall gefertigt und die Beschriftungen graviert.

Die gewählten Einstellungen der Räder sind mit Ausnahme der Belichtungskorrektur und der Belichtungssteuerung durch Einstellungen im Menüsystem beeinfluss- bzw. überschreibbar. Individualfunktion F11 ermöglicht es, im manuellen Modus die über das Rad eingestellte Belichtungszeit mittels hinterem Einstellrad um bis zu 2/3 Stufen nach oben oder unten abweichen zu lassen. Auto ISO beeinflusst bzw. übernimmt auf Wunsch die ISO Einstellung, unabhängig von der Einstellung auf dem Rad. An dieser Stelle merkt man am ehesten die notwendigen Kompromisse, wenn traditionelle Einstellräder mit den Möglichkeiten moderner Einstellmenüs zusammengeführt werden. Das gelingt nicht immer konfliktfrei, allerdings besteht die Möglichkeit die Df konsequent im manuellen Modus ausschließlich über die Einstellräder zu bedienen.

Ein nettes Extra ist die Zeiteinstellung „T“ auf dem Zeitenrad, welches es in dieser Form in keiner anderen Nikon DSLR gibt. Im T-Modus betätigt man den Auslöser, um die Belichtung zu beginnen und beendet diese durch erneuten Druck auf den Auslöser.

Um den Auslöser herum befindet sich ein Metallring, der als Einschalter für die Kamera dient. Davor befindet sich ein kleines Display, welches Belichtungszeit, Blende, Akkukapazität als 3-Segmentanzeige und Anzahl verbleibender Bilder auf der Speicherkarte anzeigt. Das Display kann beleuchtet werden.

Der EN-EL14a Akku und die SD Karte verschwinden hinter eine Klappe auf der Unterseite der Kamera. Eine detaillierte Akkustandsanzeige neben der 3-Segementanzeige ist leider nicht vorgesehen, der Menüpunkt „Akkuinformation“ ist nicht verfügbar.

Persönlich etwas gewöhnungsbedürftig finde ich das an der Vorderseite vertikal angebrachte Einstellrad. Wenn man von allen anderen Kameras horizontal ins Gehäuse integrierte Einstellräder gewohnt ist, irritiert dieses doch etwas. Es macht allerdings einen stabilen und gut verarbeiteten Eindruck, Bedenken hinsichtlich der Haltbarkeit sind aus meiner Sicht unbegründet.

An der Rückseite präsentiert sich die Df wie eine modernde, digitale Spiegelreflexkamera mit entsprechenden Bedienelementen. Hervorzuheben ist, dass die Df -wie alle professionellen Gehäuse – über einen dedizierten AF-ON Button verfügt.

Bildqualität

Kernstück und Highlight der Df ist sicherlich der 16 MP Bildsensor aus der D4. Er bietet einen exzellenten Dynamikumfang, eine hervorragende Bildqualität auch bei absurd hohen ISO Werten und überfordert das Auflösungsvermögen alter Objektive nicht. Mit seiner relativ geringen Pixeldichte entspricht er dem maximalen Auflösungsvermögen niedrigempfindlichen 35mm Films und stellt somit für eine exzellente Wahl für eine Retrokamera dar.

Im Vergleich zur D4 empfinde ich persönlich den automatischen Weißabgleich als etwas besser abgestimmt, sonst ergeben sich in der Bildqualität keine nennenswerten Unterschiede.

Fazit

Auf dem Gebrauchtmarkt ist die D4 in 2023 günstiger zu bekommen als eine Df. Die meisten Df Gehäuse sind von Ihren Besitzern für „entschleunigte“ Fotografie, oftmals mit manuellen Objektiven, genutzt worden. Dementsprechend finden sich häufig Df Kameras mit weniger als 50.000 Auslösungen zu Preisen meist um die 1.300 bis 1.500 Euro. Eine D4 mit so wenigen Auslösungen wird schwer zu finden sein, sollte aber nicht mehr als 1.300 Euro kosten. Von Berufsfotografen genutzte D4 mit 200.000 Auslösungen und mehr sind für weniger als 1.000 Euro zu haben.

Wenn es nur um die Bildqualität des D4 Sensors geht, ist die D4 gegenüber der Df die deutlich bessere Wahl – sofern man mit einem großen Profigehäuse leben kann. Dafür erhält man ein deutlich besseres Fokusmodul, bessere technische Ausstattung, Videofunktion und langlebigere Technik. Viele Df fallen vor dem Erreichen von 100.000 Auslösungen aus, meist mit Schäden an der Blendensteuerung oder dem Verschluss. An dieser Stelle macht sich die Verwendung von Komponenten der unteren Mittelklasse bemerkbar.  

Mehr als vor 10 Jahren gilt deshalb im Jahr 2023: man muss schon sehr bewusst den Retroaspekt der Kamera schätzen, um den geforderten Betrag auf den Tisch zu legen. Rational betrachtet ist eine D4 der bessere Kauf.

Dennoch ist die Df schon heute ein Klassiker und wird auch zukünftig ihre Fangemeinde haben. Dies könnte sich erst ändern, wenn Nikon doch eines Tages eine Zf mit Vollformatsensor auflegt. Das runde Jubiläum im November 2023 würde sich anbieten.