Die Preise für gebrauchte D800 Gehäuse Mitte 2018 auf rund 1.000 € gesunken, die D800E wechselt für ebenfalls für diesen Betrag den Besitzer. Während D810 Gehäuse noch mehr als 1.500 € kosten und deutlich seltener gebraucht zu finden sind, ist das Angebot an bezahlbaren D800 recht groß.

Wenn man ein paar grundlegende Dinge beim Kauf einer gebrauchten D800 beachtet wird man mit einem sehr guten Preis-/Leistungsverhältnis belohnt.

Bekannte Probleme: Autofokus und Gehäusebruch

Keine Sorge, die beiden Begriffe in der Überschrift klingen bedrohlicher, als sie in Wirklichkeit sind, wobei zumindest die Brüche im Gehäuse eher in ungünstigen Spezialfällen von Bedeutung sind.

Doch zunächst zum AF Problem: Zu Beginn der Produktion wurden D800/E Gehäuse mit nicht korrekt fokussierenden AF Sensoren in der linken Bildhälfte ausgeliefert. Testen konnte man diesen Fehler allerdings nur mit lichtstarken Weitwinkelobjektiven, wodurch manchen Besitzern dieser Fehler gegebenenfalls nicht umgehend aufgefallen ist oder nicht relevant genug war, um die Kamera einzuschicken.

Nikon hat dieses Problem nach einiger Zeit produktionsseitig behoben. Dies dauerte allerdings mehrere Monate bis zum September 2012, so dass man eher zu Gehäusen greifen sollte, die ab 2013 produziert wurden. Da die Produktionsmengen pro Monat nicht bekannt sind, kann man nur versuchen eine Kamera mit möglichst hoher Seriennummer zu erwerben.

Kameras für den europäischen Markt beginnen mit einer führenden 6, bevor sich die eigentliche sechsstellige Seriennummer anschließt. Die höchste, mir bekannte Seriennummer einer europäischen D800 lautet 6159***. Es sollten somit zwischen Februar 2012 und Juni 2014 mindestens 160.000 D800 Gehäuse für den europäischen Markt ausgeliefert worden sein. D800E Seriennummern sind bekannt bis ca. 6020000, was insgesamt 20.000 Gehäusen entsprechen würde.

Verteilt man die Seriennummern einigermaßen gleichmäßig auf den Produktionszeitraum und berücksichtigt man eine Vorproduktion von einigen 10.000 Gehäusen vor Markteinführung, kann man davon ausgehen, dass ab Seriennummer 6080000 eine D800 nicht mehr vom AF Fehler betroffen sein sollte.

Für die D800E ist eine solche Einschätzung hingegen schwieriger, da nicht klar ist, wann die entsprechenden Gehäuse ohne Tiefpassfilter produziert wurden und ob diese einen separaten Nummernkreis bilden. Auch hier sollte eine möglichst hohe Seriennummer vor dem AF Fehler schützen.

Meine Erfahrung mit zwei D800 Gehäusen zeigt auch, dass die Behebung des AF Fehlers ab Werk auch zu einer insgesamt besseren AF Leistung geführt hat. Die in 2012 am Tag der Erstauslieferung gekaufte D800 wurde zwar von Nikon justiert, kommt aber nicht an die AF Leistung einer später (gebraucht) erworbenen D800 mit Seriennummer 612**** heran. Dies dürfte auch erklären, warum die Meinungen zur Autofokus Performance der D800 im Netz so weit auseinander gehen. Auch Umsteiger von D800 zu D810 finden zum Teil einen stark verbesserten AF in der D810, andere wiederum halten die AF Leistung der beiden Kameras für gleichwertig.

Die Brüche im Gehäuse der D800/E sind hingegen meiner Meinung nach nur theoretischer Natur. Es gab wohl einige Fälle, in denen D800 Gehäuse nach Stürzen von Nikon nicht mehr repariert werden konnten, da der interne Träger, auf dem der Sensor befestigt ist, gebrochen war. Dies führte zu einseitig oder generell unscharfen Bildern, da der Sensor nicht mehr in der Bildebene lag.

Im Internet haben sich diese Fälle recht schnell verselbständigt bis zu dem Punkt, dass der D800 eine besondere Empfindlichkeit nachgesagt wurde. Natürlich sollte ein interner Träger bei einem Sturz nicht brechen. Das sah Nikon wohl genauso und hat die D810 in diesem Bereich deutlich anders konstruiert (Plastik statt Metall). Dennoch ist die D800 nicht deutlich anfälliger für Sturzschäden als andere Kameras. Es kann nur im Fall eines Sturzes unter ungünstigen Umständen zu einem Totalschaden kommen.

Hat die zu erwerbende Kamera keinerlei Lackabschürfungen oder Dellen dürfte alles in Ordnung sein. Testen kann man auf diesen Defekt durch simple Fokustests, sowie der Aufnahme eines Landschaftsbildes unter Verwendung eines möglichst weitwinkligen und lichtstarken Objektives bei relativ weit geöffneter Blende. Ist das Bild von links bis rechts scharf, sollte alles in Ordnung sein.

Anzahl der Auslösungen

Der Verschluss der D800 ist auf 200.000 Auslösungen ausgelegt. Allerdings ist zu beobachten, dass viele Verschlüsse bereits zwischen 100.000 und 150.000 Auslösungen schwächeln. Ein gebrauchtes Gehäuse mit weniger als 50.000 Auslösungen sollte daher ein guter Kauf sein.

D800 oder D800E?

Die messbare Auflösung ist bei der D800E aufgrund des fehlenden AA Filters etwas höher als bei der D800. Auch in direkten Vergleichen identischer Motive (statisch, Stativ) kann die D800E feinste Details minimal besser auflösen. In der Praxis dürfte der Unterschied jedoch minimal ausfallen.

Betrachtet man die Produktionszahlen von ca. 160.000 zu ca. 20.000 Stück (Europa), sahen dies die damaligen Käufer anscheinend genauso. Der Preisaufschlag von damals 300 € dürfte sicherlich eine Rolle gespielt haben, aber auch die Angst vor Moiré Effekten kann den Ausschlag zur D800 mit AA Filter gegeben haben. Das diese Farbartefakte in der Praxis bei einer Kamera ohne AA Filter äußerst selten auftreten und somit der Vorteil der leicht besseren Auflösung überwiegt ist heute allgemein anerkannt. Seit der D810 kam kaum noch eine Nikon Kamera mit AA Filter auf den Markt.

Sofern man eine D800E zu einem vergleichbaren Preis wie eine D800 angeboten bekommt, kann man diese bedenkenlos kaufen. Umgekehrt macht es aber wenig Sinn, krampfhaft nach einer D800E zu suchen – dafür ist der Unterschied meiner Meinung nach zu marginal.

Fazit

Eine D800 mit einer Seriennummer über 6080000 / D800E 6010000 (bei Modellen für den europäischen Markt) und einer Auslösezahl unter 50.000 ist bei den derzeitigen Preisen von rund 1.000 € ein sehr guter Kauf. Die Bildqualität ist von der D810 nicht zu unterscheiden, lediglich die zusätzlichen AF Funktionen und eine etwas verbesserte Serienbildgeschwindigkeit unterscheiden die beiden Modelle. Setzt man dies noch in Relation zum Neupreis einer im August 2018 immer noch erhältlichen D810 von 2.700 €, kommt die D800 fast als Schnäppchen daher.