Nikon R1C1 Makro Blitz

Vor mehr als zehn Jahren, im Herbst 2005, stellte Nikon die letzte Evolutionsstufe der hauseigenen Makroblitze vor. Bis 2005 bestanden diese aus traditionellen Ringblitzen.

R1_kit_mounted

R1 Kit montiert an einem manuellen 55mm Makro an D2x. SB-800 als Commander.

Dies änderte sich grundlegend mit der Einführung des R1 / R1C1 Makroblitz Kits, welches erstmals aus positionsunabhängigen Slave-Blitzen besteht. Diese können entweder mittels Adapter am Filterring des Objektivs oder frei auf einem Standfuß positioniert werden. Dieses Setup erlaubt eine viel größere Flexibilität, als es ein starrer Ringblitz erlauben würde.

Diese Flexibilität hat jedoch ihren Preis. Betrachtet man jedoch die Fülle an Einzelteilen, die mit dem Kit geliefert werden und berücksichtigt man das wahrscheinlich relativ geringe Verkaufsvolumen, ist ein Preis von ca. 500 € für das R1 und ca. 700 € für das R1C1 Commander Kit durchaus akzeptabel.

Was bekommt man für all dieses Geld? Viele Einzelteile, fein säuberlich sortiert in einer passenden Tasche:

1x IR Blitz-Commander SU-800 (nur R1C1 Kit)

2x SB-R200 Slave Blitzköpfe

1x SX-1 Blitzadapter Ring

2x Filterhalter

2x Farbfilterset

2x Nahbereichs-Diffusor für Aufnahmedistanzen unter 15cm

2x Standfuß für SB-R200

Gewindeadapter SY-1 in 52mm, 62mm, 67mm, 72mm und 77mm

Weißer Diffusor in Form einer kleinen Plastikplatte

Flexibler Arm mit Klemmen, um den Diffusor befestigen zu können

IR Cover für interne Kamerablitze

Beim Kauf eines einzelnen SB-R200 ist lediglich der Blitz, ein Filterhalter, ein Farbfilterset, ein Standfuß und eine Tasche enthalten. Der Nahbereichsdiffusor SW-11 muss separat  erworben werden.

  • Funktionsweise

Was auf den ersten Blick wie ein großes Puzzle aussieht, wird zum intuitiv bedienbaren Montagesatz, sobald man alle Teile ausgepackt hat.

SX-1_SY-52

SY-1 Filteradapter und SX-1 Montagering

Zunächst wird ein SY-1 Filteradapter auf das Frontgewinde des Objektivs geschraubt. Danach wird daran der SX-1 Ring zur Montage der Blitze am SY-1 befestigt. Dies geschieht durch Drücken zweier, gegenüberliegender Schalter, die wiederum vier federgelagerte Klemmen zurückfahren lassen. Werden die äußeren Schalter losgelassen, krallen sich diese vier Klemmen am SY-1 Ring fest.

Der SX-1 selbst bildet die Grundlage, um SB-R200 Blitzköpfe am Objektiv zu befestigen. Die Blitzköpfe werden in den Ring eingehakt und anschließend über einen Schieber am Blitzfuß arretiert. Zu beiden Seiten des Blitzfußes befinden sich Knöpfe, welche die Arretierung des SB-R200 auf der radialen Achse lösen und eine Verschiebung des Blitzes auf dem Ring erlauben.

Die Bewegung des Blitzkopfes ist auf dem Ring etwas hakelig, da sich die Blitze nur an bestimmten, durch physikalische Stops indizierten, Positionen befestigen lassen. Aufgrund der durch die Stops aufgebauten Friktion kann es dazu kommen, dass sich der SX-1 zum SY-1 verdreht, da die Kräfte der Klemmen nicht ausreichen, den SX-1 an Position zu halten. Man sollte daher die Blitze nur mit zwei Händen verschieben – eine Hand verschiebt den Blitz, die andere fixiert den SX-1.

SW-11

Diffusor SW-11, montiert am Filterhalter

Nach Befestigung des Blitzes kann man nun bei Bedarf Farbfilter oder einen Nahbereichsdiffusor befestigen. Dafür muss zunächst der transparente Filterhalter SZ-1 am SB-R200 befestigt werden, danach kann der Diffusor darüber geschoben werden. Andersherum funktioniert dies auch: Diffusor auf den Filterhalter schieben, danach beides auf den Blitz clipsen.

Die SB-R200 Blitze müssen nun noch mit CR 123A 3V Lithium Batterien bestückt und für den Einsatz konfiguriert werden.

Standardmäßig sind im Lieferumfang des R1/R1C1 Kits zwei SB-R200 Slave Blitze enthalten. Dies stellt auch bereits die maximale physische Belastung für viele Objektive, insbesondere für solche mit ausfahrendem Tubus, dar. Das Handbuch listet für viele Nikon Objektive die maximale Belastbarkeit des Filtergewindes auf. Objektive mit Innenfokussierung (IF) können bis zu vier Blitzköpfen aufnehmen, bei den meisten bleibt es jedoch bei 2x SB-R200.

  • Commander Betrieb

Die SB-R200 können innerhalb des Nikon CLS Systems nur als Slave-Blitz via Advanced Wireless Lighting betrieben werden. Die Blitze können auf vier Kanäle und drei Gruppen konfiguriert werden.

SB-R200

SB-R200

Mit Hilfe eines Kanals können parallel arbeitende Blitz-Setups und deren Commander voneinander getrennt werden. Sofern man als einzelner Fotograf und nur mit einer Kamera unterwegs ist, kann die Standardeinstellung auf Kanal 1 belassen werden.

Gruppen (innerhalb des gleichen Kanals) werden dazu genutzt, unterschiedliche Belichtungen zwischen einzelnen Blitzen oder Gruppen von Blitzen zu erreichen. Besonders bei Makrofotografie ist dies hilfreich, da sich mit unterschiedlichen Blitz-Intensitäten Motive mit Licht formen bzw. modellieren lassen.

Kanäle und Gruppen werden am SB-R200 mittels Drehschaltern direkt eingestellt.

Diese Einstellungen müssen nun am Commander übernommen werden. Nikon stellt drei verschiedene Geräte bereit, die als Commander eingesetzt werden können:

  • Kamera-interner Blitz höherwertiger DSLRs, welche den CLS Commander Betrieb unterstützen: D70/s, D90, D7000-7200, D200, D300/s, D600/610, D700, D750, D800/810. Interne Blitze können nur zwei Gruppen steuern.
  • Externe Blitzgeräte: SB-800, SB-900, SB-910, SB-5000 (Steuerung von drei Gruppen möglich), SB-700 (nur zwei Gruppen).
  • Dedizierter CLS Commander SU-800, der mittels IR-Signalen die Slave Blitze in drei Gruppen steuert und nicht als Blitzgerät eingesetzt werden kann. Der SU-800 kann entweder separat (ca. 300 €) oder als Teil des 200 € teureren R1C1 Kits erworben werden. Ich habe mich bewusst gegen diese Option entschieden, doch dazu später mehr.

Der SU-800 bietet zwei Betriebsarten: Normaler CLS Betrieb und Makro Modus. Im In letzterem ist es möglich, sehr einfach die Lichtverteilung zwischen Gruppe A und B zu verändern. Die Lichtstärke kann relativ zueinander bis zu einem Verhältnis von 8:1 oder 1:8 verteilt werden.

Im CLS Betrieb (SU-800 oder Commander Blitz) können noch größere Unterschiede zwischen den Gruppen eingestellt werden, da ein Korrekturbereich von -3 bis +3 EV zur Verfügung steht. Bei einer Kompensation von -3 EV in Gruppe A und +/- 0 in Gruppe B ist bereits ein Verhältnis in der Lichtstärke von 1:8 erreicht.

r1_compensation

Links: Gruppe A:B ohne Belichtungskorrektur, Rechts: Gruppe A:B EV 0 zu EV -1,3

Die SB-R200 können entweder Modus TTL oder manuell (M) betrieben werden. Im manuellen Modus kann die Blitzleistung zwischen 1/1 und 1/128 eingestellt werden.

  • Performance

Der SB-200R besitzt eine Leitzahl von nur 10 (35mm / ISO 100). Dieses deutet auf den exklusiv auf den Nahbereich beschränkten Einsatzbereich hin. Beim Einsatz von Diffusoren reduziert sich die Leistung naturgemäß abermals und kann im Einzelfall nicht mehr ausreichen. Ein dritter Blitz – für den bereits ein freier Platz in der mitgelieferten Tasche bereit gehalten wird – ist durchaus empfehlenswert. Nicht nur, um in kniffeligen Situationen für genügend Licht zu sorgen, sondern auch für den Einsatz fernab der Kamera, um zum Beispiel den Hintergrund auszuleuchten oder Schattenwurf zu minimieren.

Aufgrund der beinahe unendlich vielen Möglichkeiten die Blitzköpfe zu positionieren und deren Leistung einzustellen, kann es mitunter sehr aufwändig sein, das optimale Setup für ein Motiv zu finden. Dies ist jedoch positiv zu sehen, zeigt es doch die große Flexibilität des Systems. Man braucht auf jeden Fall Zeit, bis man reproduzierbare Einstellungen erlernt, welche man intuitiv auf eine Motivsituation anwenden kann.

Das direkte Blitzlicht kann manchmal relativ harsch daherkommen. Die von Nikon beigelegten Diffusoren helfen nur bedingt, da deren hauptsächliche Aufgabe darin besteht, bei extremen Nahaufnahmen das Licht nach innen zur optischen Achse zu lenken. Durch diese Umlenkung geht auch sehr viel Licht verloren. Besser geeignet sind semi-transparente Diffusor-Aufsätze, welche direkt auf die Blitze gesteckt werden können. Erhältlich sind diese von JJC via ebay oder Amazon.

Manchmal reicht das Umgebungslicht nicht aus, um das abzubildende Objekt vor der Aufnahme sauber zu Fokussieren. Hierfür sind in den SB-R200 kleine LEDs verbaut, welche als Einstellicht genutzt werden können. Aktiviert werden sie manuell über einen Knopf auf der Oberseite des Blitzkopfes. Die LED schaltet sich entweder nach 60 Sekunden oder nach der Aufnahme automatisch aus.

Das LED Licht ist auch hilfreich, um grob die Ausleuchtung des gewünschten Motivs zu beurteilen. Bei Einsatz des SU-800 steht auch ein stroboskopisches Einstelllicht zur Verfügung, was über SU-800 remote ausgelöst werden kann. Bei Einsatz eines SB-800 Blitzes als Commander bleibt dessen Schalter für das Einstelllicht ohne Funktion, die Stroboskop Vorschau kann dann nur via Abblendtaste an der Kamera aktiviert werden.

  • Exterer Blitz als Commander: SB-800

Wie zuvor bereits erwähnt, empfinde ich den SU-800 aufgrund des Preises und der gebotenen Funktion nicht als optimale Wahl zur Steuerung der SB-R200.

Ein gebrauchter SB-800 Blitz ist für deutlich weniger Geld erhältlich. Er bietet alle Funnktionen des SU-800 und lässt sich dazu noch als vollwertiges Blitzgerät betreiben.

Die hauptsächlichen Vorteile des SB-800 sind:

  • Verwendet normale AA-Batterien statt CR 123A
  • Mehr Möglichkeiten, das IR Signal auszurichten
  • Größere Reichweite des IR Signals
  • Kürzere Aufladezeit und längere Batteriebetriebszeit, speziell wenn der Blitz nur als Commander dient und nicht zur Belichtung beiträgt.

Es gibt jedoch auch negative Aspekte:

  • Schwerer
  • Helle Messblitze
  • Kann die Belichtung des Fotos beeinflussen, auch wenn der Blitz selbst deaktiviert ist.

SB-800_commander

SB-800 als Commander

Der einzig wirkliche Vorteil des SU-800 – neben dem geringeren Gewicht – ist der Verzicht auf helle Messblitze, welche die Belichtung des Fotos beeinflussen können.

Der Blitzkopf des SB-800 kann zwar etwas zur Seite oder nach oben geschwenkt werden um den Einfluss der Messblitze zu minimieren, jedoch geht man insbesondere beim Einsatz draußen das Risiko ein, dass die Verbindung zu den zu steuernden Blitzen verloren geht.

Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit: während der kurzen Ära der D-TTL Blitze unternahm Nikon bereits ein Mal den Versuch, eine Blitzsteuerung per IR Signal zu etablieren. Die DX-Blitze SB-28 DX, SB-50 DX und SB-80 DX besitzen solche Fähigkeiten als Slave oder Commander.

Der SB-50 DX ist hierbei von besonderem Interesse, da er standardmäßig mit einer Vorsatzscheibe geliefert wurde, die vor dem eigentlichen Blitz montiert wurde und die Aufgabe hatte, nur die für die IR-Steuerung notwendigen Signale durchzulassen.

Diese dunkle Plastikscheibe mit der Bezeichnung SW-9IR passt ebenfalls auf den SB-800 und lässt nur so viel Licht bzw. IR Strahlung durch, wie zur Steuerung der Remote Blitze benötigt wird. Für einen sicheren Sitz des Filters ist es empfehlenswert die beiden Plastiknasen an der Seite etwas zu kürzen, damit diese in die Aussparungen an den Seiten des SB-800 passen.

SB-800 mit SW-9IR und abgeklebter Diffusorscheibe. ISO 400 und Blende 2,8 waren bei dieser frontalen Aufnahme notwendig, um das noch austretende Licht sichtbar zu machen.

SB-800 mit SW-9IR und abgeklebter Diffusorscheibe. ISO 400 und Blende 2,8 waren bei dieser frontalen Aufnahme notwendig, um das noch austretende Licht sichtbar zu machen.

Der SW-9IR wurde offiziell nie als einzelnes Zubehör angeboten, auch wenn für kurze Zeit eine größere Menge bei Händlern in den USA zu kaufen war. Die Beschaffung eines solchen Filters kann daher zum Geduldsspiel werden. SB-50 DX mit vollem Lieferumfang können auf ebay für ca. 30 – 50 € erworben werden, was sicherlich eine gangbare Alternative zum Erwerb eines einzelnen Filters darstellt.

Um wirklich alle Messblitze zu unterdrücken, muss noch die ausklappbare Diffusorscheibe oberhalb des Blitzes abgeklebt werden, da hier ebenfalls Licht austritt. Die Lichtmenge ist zwar nicht so groß, dass sie im nicht abgedeckten Zustand einen Einfluss auf die Belichtung hätte. Dennoch lohnt es sich, auch dieses Blitzlicht zu unterdrücken und den SB-800 in eine unauffällige Steuereinheit zu verwandeln.

  • Empfohlenes Zubehör

Wie bereits erwähnt empfiehlt sich der Kauf eines dritten SB-R200. Dieser wird mit einem Filterhalter, Farbfilterset und Standfuß geliefert. Der Nahbereichsdiffusor SW-11 ist nicht im Lieferumfang enthalten. Neben diesem sollte man außerdem einen normalen Diffusoraufsatz von JJC kaufen.

Leider gibt es keine wirkliche Alternative zu den benötigten CR 123A Lithium Einwegbatterien. Es gibt zwar aufladbare Akkus, diese haben manchmal jedoch stark abweichende Spannungen (3,7 V statt 3 V), eine niedrige Kapazität und geringe Lebensdauer. Stattdessen sollte man lieber größere Gebinde der CR 123A Batterien online erwerben. Auf ebay oder Amazon kosten die Batterien weniger als 1,5 € pro Stück bei Abnahme von 10 und mehr Exemplaren. Im Einzelhandel findet man diese hingegen kaum unter 6 Euro das Stück. Die lange Lagerfähigkeit von ca. 10 Jahren sollte eine Bevorratung einfach machen.

  • Zusammenfassung

Das Makroblitz Kit ist nicht sehr günstig, allerdings bietet es eine deutlich größere Flexibilität als ein Ringblitz. Viele Anwender beklagen sich über die Verarbeitung und den großzügigen Einsatz von Plastik. Ich selber halte die Verarbeitung und Stabilität für mehr als ausreichend und auch für einen längeren Einsatz geeignet.

Man muss berücksichtigen, dass Nikon sehr stark auf das Gewicht der gesamten Konstruktion achten musste. Die Objektive müssen in der Lage sein, die zusätzliche Last zu tragen, was speziell bei Exemplaren mit ausfahrenden Innentubus von Bedeutung ist. Selbst bei einem komplett aus Metall gefertigten AI-S 55mm 2,8 macht sich das zusätzliche Gewicht deutlich durch einen höheren Widerstand im Fokusgang bemerkbar.

Eine weitere Maßnahme zur Gewichtsreduktion ist sicherlich der Einsatz von CR 123A Lithium Einweg-Batterien. !!! Bitte keine Akkus verwenden. Diese haben eine höhere Spannung und können die Blitzköpfe beschädigen !!!

Mein wichtigster Kritikpunkt ist die Verbindung zwischen SX-1 und SY-1. Je nach Gewichtsverteilung der Blitzköpfe kann es zu einem Verdrehen der Ringe gegeneinander kommen, was wiederum die Ausrichtung der Blitzköpfe ändert. Gegebenenfalls wäre eine stabile Schraubverbindung zwischen den beiden Ringen die bessere Wahl gewesen.

Gegen das etwas harsche Licht sind Diffusoren wärmstens zu empfehlen. Insgesamt bietet das R1 / R1C1 Kit eine große Flexibilität, die zum Experimentieren einlädt. Die wenigen mechanischen Merkwürdigkeiten trüben das Gesamtbild nur unwesentlich. Wenn man sich im Nikon System intensiv mit Makrofotografie auseinandersetzt, kommt man am R1-System nicht vorbei.

© 2024 Dennis Saßmannshausen Fotografie

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